Weissmies-Südgrat

Wohl denen, die in Heidelberg wohnen, und einfach mal so am Wochenende in die Alpen fahren können. Gesagt, getan, jetzt (Anfang Juni 2000) auf die Weissmies (4023 m). Der Kreis der üblichen Verdächtigen für solche Aktion ist dieses Mal klein, nur Annegret und ich. Andere haben gute Alibis oder schwächeln einfach mal so. Ich will unbedingt eine Trainingstour für Kirgisien machen, und auch die neuen Teile der Ausrüstung schon mal benutzen.

Gepäck


Die Freitagnacht sieht unser Zelt auf einer Wiese im Rhonetal. Schon am nächsten Morgen müssen wir die erste Gefahr bestehen: Ein Mähdrescher will ausgerechnet mein altes Zelt vernichten. Nur die unorganisierte Flucht zum Auto kann das Schlimmste verhindern. Wegen der Spontanität der Tour ist in Saas-Almagell erst einmal längeres Packen, und Frühstücken nötig. Der Aufstieg von Saas-Almagell links vom Bach zur Almagellerhütte ist anfangs sehr hübsch, landschaftlich, besonders aber botanisch. Später ziehhhht es sich, dann ist es tierisch anstrengend, dann will es nicht enden, und das bei strahlend blauem Himmel (schön!) und brutzelnder Sonne (auch schön, im Nachhinein). Schon jetzt bereue ich, in Skitourenstiefeln eine Sommerwanderung zu machen. So viel Training wäre doch gar nicht nötig gewesen.

Das Lager bauen wir einige hundert Meter oberhalb der Hütte auf. Es ist erschreckend, wie viele Leute sich auf der Hütte eingefunden haben, die meisten davon wollen morgen wie wir den Südgrat besteigen. Das Abendessen -Käsespätzle aus der Tüte- ist schrecklich. Nur der bewährte Linseneintopf ist gut wie schon seit Jahren.

Das Aufstehen klappt morgens doch weniger gut als gehofft. Stefan hätte sicher das Loskommen um 5:00 ermöglicht, aber ohne ihn fehlt uns der Antreiber. So sehen wir dann eine Karawane nach der anderen an unserem Zelt vorbeiziehen, erst nur gespenstische Lichter der Stirnlampen, dann auch die Kamele. Den Aufstieg zum Zwischbergenpass und über das Firnfeld nutzen wir, um doch die meisten zu überholen, hähhhäää, versägt! Annegret ist fit wie immer, ich kann erst nur knapp, dann nicht mehr beim Tempo mithalten. Glücklicherweise muss sie beim Anseilen im Einstieg zum Blockgrat auf mich warten.

Annegret auf dem Blockgrat


Der Grat ist einfach, nur das Überholen anderer Seilschaften nervt sehr. Die letzten hundert Höhenmeter zum Gipfel sind dann Firngrat, zum Glück nicht verwächtet, und auch nicht besonders steil zu beiden Seiten. Gegen 10:00 erreichen wir den Gipfel. Das Wetter macht uns Sorgen. Der anfangs sternklare Himmel hat sich mit dicken Haufenwolken bezogen. Auch die Kälte setzt nach dem anstrengenden Anstieg zu.

Gipfelgrat


Der Abstieg über den Grat ist richtig locker, aber wir merken doch beide die Höhe, auch die Anstrengung des Aufstiegs sitzt in den Knochen. Lange schauen wir auf dem Zwischbergenpass der dramatischen Wolkenbildung zu. Mit letzten Kräften erreichen wir gegen Mittag unser Zelt. Ich bin so kaputt, dass im Laufe des Tages mit mir kein Staat mehr zu machen ist. Egal. Muss ja auch nicht sein.

Biwak


Nach dem Mittagsschlaf und dem Mittagessen bringen wir auch den Abstieg nach Saas-Almagell hinter uns. Kurz hinter dem Zelt bricht mir die Druckausgleichslasche meiner Schuhe. Wie gut, daß es hier passiert, und nicht in Kirgisien. Die nächsten Tage werden dann einige hektische Besuche bei führenden Sportgeschäften der Region und Anrufe bei Dynafit in der Schweiz bringen. Aber es hat ja dann doch alles geklappt.

Der kulturelle Ausklang dieser Alpenaktion ist dann der Besuch von Sion im Abendrot. Sehr hübsch!